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Volksmund

Quantenteleportation

Teleportation oder »Beamen« ist der Name, den Science Fiction Autoren dem Kunststück geben, ein Objekt oder eine Person an dem einen Ort aufzulösen und eine perfekte Kopie an einem anderen Ort erscheinen zu lassen. Wie dieses Kunststück bewerkstelligt wird, wird in der Regel allerdings nicht näher erläutert...

Six scientists 1993 nun hat eine kleine Forschergruppe um den genialen Physiker und Computerwissenschaftler Charles H. Bennett gezeigt, wie die Teleportation von Materie theoretisch stattfinden könnte. Am ehesten kann man diesen Prozess mit dem konventionellen Faxen vergleichen, bei dem eine Kopie erzeugt wird anhand von übertragener Information des (dreidimensionalen) Originals - allerdings mit einhergehender Zerstörung des Originals!

Aber der Reihe nach. Betrachten wir zunächst das klassische Faxen genauer, vgl. Abbildung unten. Beim Faxen gibt es drei wesentliche Schritte:

  1. Durch das Scannen (die Messung) wird die benötigte Information über das Original gewonnen.
  2. Diese Information wird zum Empfänger übertragen.
  3. Der Empfänger nutzt die Information, um die Kopie aus einem geeigneten Rohmaterial zu erzeugen.

Für das »Faxen« von Materie gibt allerdings drei Hindernisse, eins eher praktischer Art, eins philosophisch-juristischer Art, und eins prinzipieller Art. Jeder, der mal ein Fax mit dem Original (z.B. einem Farbphoto eines Kandinskys) verglichen hat, wird sich leicht ausmalen, was wohl mit einer filigranen komplexen Materieansammlung (einer Fliege z.B.) passieren könnte... In jedem der drei Schritte geht nämlich ein gewisser Teil der Information über das Original verloren.

Zum zweiten gäbe es bei einem etwaigen Zusammentreffen von Kopie und Original das letztendlich ethische Problem, dass beide auf die Frage »Wer bist Du?« mit der gleichen Antwort aufwarteten - doch wer von beiden lügt? figure Auch müsste die Strafprozessordnung noch etwas differenzierter werden - die Länge der dann zugrundeliegenden Gesetzestexte wage ich mir aber lieber nicht vorzustellen.

Ganz fundamental hat aber die Gewinnung von Information über das Original eine natürliche Grenze, die durch die Quantenmechanik gegeben ist: Jede Messung verändert das gemessene Objekt, und je genauer die Messung, desto größer diese Veränderung (das ist eine Folge der berühmten Heisenbergschen Unschärferelation). Daher muss jeder Versuch, Materie exakt zu kopieren, unweigerlich daran scheitern, dass das Original vollständig zerstört wird! Damit ist auch die recht praktische Eigenschaft des Faxens, beliebig viele Kopien (Klone) des Originals zu ziehen, für Materie nicht anwendbar.

Kurz und klein: Dreidimensionales Faxen von Materie kann nicht funktionieren! Mehr noch war an sich für die Wissenschaftler der Fall klar, dass Teleportation in jeder Form unmöglich war, denn durch die Heisenbergsche Unschärferelation konnte man niemals genügend Information scannen, um eine perfekte Kopie zu konstruieren. Bennett und Co. zeigten aber, dass mit Hilfe eines sehr bekannten und 1982 experimentell nachgewiesenem Effekt Quantenteleportation trotzdem möglich ist: dem Einstein-Podolsky-Rosen Paradox (kurz: EPR Paradox). Zusätzlich zu dem "klassischen" Übertragungskanal, der die klassische Information (also voneinander unabhängige bits) überträgt, benötigt man noch einen weiteren "EPR-Kanal", der Quanteninformation (Quantenbits oder Qubits) überträgt.

Die Teleportation würde demnach wie folgt funktionieren, siehe auch untenstehende Abbildung:

  1. Ein Teil (!) der Information über Objekt A wird gescannt (gemessen), der andere Teil der Information geht zunächst "verloren" in einer Wechselwirkung mit einem anderen Quantenteilchen B, welches vorher noch nie mit Objekt A in Kontakt war. Der gemessene Teil der Information ist "klassische" Information (unabhängige "bits"), der ungemessene ist Quanteninformation ("qubits"). Das Objekt A hat in diesem Moment aufgehört im alten Zustand zu existieren.
  2. Die gemessene - klassische - Information wird zum Empfänger übertragen.
  3. Der Empfänger misst die Quanteninformation, die ein mit Objekt B "verschränktes" (entangled) Teilchen C via dem EPR Effekt trägt.
  4. Der Empfänger nutzt die klassische und die Quanteninformation, um Objekt C in dem Zustand zu konstruieren, in dem das Objekt A vorher war.
Damit ist nun C eine perfekte Kopie von A, an einem weit entfernten Ort, und das Original A ist zerstört. Im wesentlichen ist also das Objekt A zu dem Objekt C teleportiert! Die Geschwindigkeit der Teleportation hängt allein ab von der Geschwindigkeit der Übertragung der klassischen Information und derjenigen des Quantenteilchens C. Während der Teleportation existiert figure Objekt A nicht mehr, lediglich aufgesplittete Information (bits und qubits) existieren noch von ihm. Nach der Rekonstruktion existiert es dann wieder (bzw. sein Klon).

Ein Skeptiker könnte sich aber immer noch beruhigt in seinem Sessel zurücklehnen und gelassen spotten: "Grau, mein Freund, ist alle Theorie. Immerhin ist noch nicht einmal über die Deutung der Quantenmechanik das letzte Wort gesprochen... ." Recht hätte er ja, aber! Vor kurzem (1997) gelang es dem Innsbrucker Physiker Anton Zeilinger und seinem Team, die Quantenteleportation experimentell durchzuführen. Zwar war es nicht gerade eine Fernreise, aber immerhin über einen Meter wurde eine Teleportation von Photonen realisiert, indem bestimmte Informationen über sie (nämlich ihre "Polarisation") gewonnen wurden (was die Photonen selbst nicht überlebten...), die weitergeleitet wurde und zur Replikation verwendet werden konnte.

Ob das Zeilinger-Experiment einmal genauso betrachtet werden kann wie die ersten Flugversuche von Lilienthal oder den Gebrüdern Wright, die später immerhin die gesamte Tourismusbranche revolutionierten, bleibt abzuwarten. Denn es bleibt eine Menge offener Fragen. Philosophische Grundlage der Teleportation scheint mir zu sein, dass alle Objekte lediglich "Nachricht" oder "Information" (also "Form", daher kommt ja das Wort Information) sind, und nicht "Substanz". Aber ist das so? Ist das teleportierte Objekt noch "es selbst"? Und: Ist ein Lebewesen während der Teleportation (die ja eine gewisse endliche Zeit dauert) nun tot oder lebendig?

Vielleicht habt Ihr, die interessierten Leserinnen und Leser, noch weitere Fragen oder Anregungen. Über eine schriftliche Reaktion würde ich mich freuen :-) Mailt an de-vries@fh-swf.de.

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© 1999 Andreas de Vries

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