© 1999 Andreas de Vries


Das Einstein-Podolsky-Rosen (EPR) Paradox

Neben Schrödingers Katze ist das Einstein-Podolsky-Rosen Paradox das bekannteste Gedankenexperiment zur Quantenmechanik. Die Quantenmechanik (und die darauf aufbauende Quantenelektrodynamik) liefern das bisher exakteste Bild der Mikrowelt. Aber ist dieses Bild auch vollständig? Denn die Quantenmechanik bricht radikal mit einem Prinzip, das bis dahin grundlegend für die Physik galt, dem Determinismus: »Kennt man den Zustand eines Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig, so kennt man die Zustände zu alle Zeiten - Vergangenheit und Zukunft.« (Derjenige, der dieses Allwissen hat, wird Laplacescher Dämon genannt). Schuld daran ist die Heisenbergsche Unschärferelation, die verbietet, dass man gleichzeitig exakt den Ort und den Impuls eines Objektes messen - und damit wissen - kann: Der Laplacesche Dämon ist quantentheoretisch unmöglich!

Gerade die Väter der Quantenmechanik, Planck, Einstein, de Broglie und Schrödinger, haben diese Abkehr vom Determinismus nie ganz akzeptiert. Die Quantenmechanik bricht jedoch mit einem weiteren Prinzip der sog. klassischen Physik, dem Lokalitätsprinzip oder lokalen Kausalität. 1935 dachten sich Einstein, Podolsky und Rosen ein Paradoxon aus: Nehmen wir an, zwei Quantenobjekte, z.B. zwei Elektronen, wechselwirken für eine gewisse Zeit und fliegen dann auseinander. Sie bilden dann ein verschränktes (entangled) System. Nehmen wir weiter an, dass eine bestimmte Messgröße (eine sog. Observable) bekannt sei, z.B. sei der Gesamtspin der beiden Elektronen 0. Dann wissen wir, dass eines der Elektronen »spin up« hat, das andere entgegengesetzt »spin down«, wir wissen nur nicht, in welche Richtung. Nach einer Weile messen wir dies an einem der beiden Teilchen, z.B. an dem daheimgebliebenen Elektron: Sein Spin zeigt nach Norden. Dann wissen wir genau: Der des anderen Teilchens, das vielleicht schon weit hinter dem Mond ist, zeigt nach Süden. Okay, das kann man »klassisch« nachvollziehen, dann hatten beide Elektronen diese Ausrichtung eben »von Anfang an«. Ändern wir aber unsere Messapparatur so, dass wir jetzt nur Ost- oder Westrichtung messen können, und messen für das daheimgebliebene Elektron z.B. Spinausrichtung Ost. Dann wissen wir gemäß der Quantenmechanik sofort, dass das weit entfernte Elektron Spinrichtung West hat: Die Messung hat augenblicklich (instantan) den Zustand nicht nur des nahen, sondern auch des weit entfernten Elektrons verändert! Das hielt Einstein für absurd. Alain Aspect konnte 1982 diesen Effekt jedoch sogar experimentell nachweisen. Daher ist er mittlerweile gar kein Paradoxon mehr, sondern ein Phänomen (also eigentlich: EPR-Effekt). Da aber eine endgültige Klärung darüber, wie die Folgerungen und Resultate der Quantenmechanik (Mikrowelt) denn nun auf die Welt des "gesunden Menschenverstandes" (Makrowelt) zu interpretieren sind, wird dieses Experiment von der Fachwelt mit einer gewissen Zurückhaltung behandelt. In dem weit verbreiteten Lehrbuch Gerthsen Physik findet sich auf Seite 917 der Auflage von 1995 der Satz: Bis jemand einen Wurm hierin [dem Aspect Experiment] findet, muss man damit leben, dass die Welt so ist.

Quanteneteleportation