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Die Rekonstruktion der 3. Dimension

Das Sehen, die Verarbeitung des menschlichen Bewusstseins von optischen Daten, stellt im wesentlichen eine mathematische Konstruktion dar, die jedem identifizierten zweidimensionalen Objekt auf der Netzhaut ein dreidimensionales („reales“) Objekt zuordnet. Wir nennen diese Konstruktion die mentale perspektivische Konstruktion oder die Rekonstruktion der 3. Dimension. Mathematisch stellt sie die Abbildung

K2,3: F2 —› F3,

wobei F2 die Menge der 2-dimensionalen Objekte ist, und F3 die Menge der dreidimensionalen Objekte, unsere „Welt“. Beim Sehen des menschlichen Bewusstseins können die Konstruktionsregeln räumlicher Bilder auf der Netzhaut in zwei Kategorien aufgeteilt werden:

I. Natürlich gegebene Konstruktionsregeln. Zum einen gibt es Regeln, für die die menschliche Kultur keine Rolle spielt:

  1. (lineare Perspektive / Strahlensatz) Objekte gleicher Größe werden umso kleiner, je weiter sie weg sind. Eine Vergrößerung der Entfernung zwischen Objekt und Betrachter um den Faktor a bewirkt eine Verkleinerung des Objektes um den Faktor 1/a.
  2. (Entfernungsbestimmung bei zusammenhängenden Flächen) Zwei Gegenstände oder Teile von Objekten, die organisch miteinander verbunden sind, sind beide vom Beobachter gleich weit entfernt; sie werden als ein zusammenhängendes Objekt interpretiert.
  3. (Entfernungsbestimmung durch Unschärfe) Unscharfe Figuren, Linien und Konturen werden als weiter entfernt interpretiert als solche gleich großer, die aber scharf zu sehen sind.
  4. (Orientierung durch Helligkeit) Lichtquellen werden an Punkten identifiziert, von denen Schatten weg weisen, und auf die hellere Flächen zeigen.
II. Kulturell gegebene Konstruktionsregeln

Daneben gibt es Rekonstruktionsregeln, die durch die menschliche Lebensumgebung bestimmt sind. In ihr dominiert der rechte Winkel. Die menschliche Welt ist in ein rechtwinkliges Koordinatensystem gepresst: Es ist eine Welt gerader Linien, ebener Flächen und rechter Winkel.

  1. (Flächen) Eine Fläche ist eine ebene Fläche und setzt sich fort, solange es keine Angaben gibt, dass die Kontinuität unterbrochen wird.
  2. (Die drei Hauptrichtungen) In Punkten, in denen drei erkannte Flächen zusammenkommen, werden die drei Hauptrichtungen festgelegt.

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