,,Ich wundere mich, daß man drei Erdteile unterscheidet: Libyen,
Asien und Europa. Ihre Größe ist doch so verschieden. Europa
ist so lang, wie die beiden anderen zusammengenommen, und an Breite können
sie sich offenbar noch weniger mit Europa messen. Libyen ist ja doch rings
vom Meere umflossen, abgesehen von der Stelle, wo es mit Asien zusammenstößt.
Der König Nekos von Ägypten ist, soviel wir wissen, der erste
gewesen, der den Beweis dafür geliefert hat.
Als Nekos nämlich den Bau jenes Kanals eingestellt hatte, der
vom Nil nach dem Arabischen Meerbusen führen sollte, schickte er Phoiniker
mit einer Flotte aus und gab ihnen den Auftrag, den Rückweg durch
die Säulen des Herakles zu nehmen und also durch das mittelländische
Meer nach Ägypten zurückzukehren. So fuhren denn die Phoiniker
durch das Rote Meer nach Süden fort. Als der Herbst kam, gingen sie
an Land, bebauten das Feld, an welcher Stelle Libyens sie sich nun gerade
befanden, und warteten die Ernte ab. Hatten sie geerntet, so fuhren sie
weiter. So trieben sie es zwei Jahre lang, und im dritten Jahr bogen sie
bei den Säulen des Herakles ins nördliche Meer ein und gelangten
nach Ägypten. Sie erzählten - was ich aber nicht glaube, vielleicht
erscheint es anderen eher glaublich -, daß sie während der Umschiffung
die Sonne auf einmal zur Rechten gehabt hätten.
So wurde zum ersten Mal bewiesen, daß Libyen ganz vom Meere umgeben
ist.''
Nekos bezeichnet den Pharao Necho II aus der 26. Dynastie, der von 610-595
v.Chr. regierte.
Dann wird dort im 4. Buch von zwei Versuchen berichtet, den Kontinent
Afrika von West nach Ost zu umrunden. Diese Reisen von Hanno (um
520 v.Chr.) und Sataspes (490 v.Chr.) sind gescheitert. Erst Vasco
da Gama (1497/99) ist dies mit hochseetauglichen Schiffen und der Ausnutzung
der Passatwinde zu einer günstigen Zeit dann auch auf der Route von
West nach Ost gelungen.
Die erste mathematisch vernünftige, und sogar sachlich richtige
Messung des Umfangs der Erde stammt von Eratosthenes von Kyrene
(275 - 195 v.Chr.). Er wußte, daß die Sonne in der Nähe
von Assuan in einen Brunnen am Tag der Sommer-Sonnenwende mittags genau
senkrecht hineinscheint, und maß, daß an diesem Tag in Alexandria
die Sonne einen Schatten von
erzeugt. Er war der (ungefähr) richtigen Meinung, daß die beiden
Orte genau nord-südlich zueinander liegen, und ließ sich sagen,
daß ein Kamel dorthin 50 Tage braucht, und machte eine Schätzung,
wieviele Stadien es (der Weg ist immer ein ebener Weg) jeden Tag schaffen
wird. Der Erdumfang kommt auf ein paar Prozent richtig heraus (252 000
Stadien).
Eine zweite Messung dieser Art stammt von Poseidonios aus Apameia (in Syrien) (135 - 51 v.Chr.), einem der Lehrer von Cicero. Er beobachtete, daß wenn der Sirius auf der Insel Rhodos (heute Zypern) nur eben am Horizont auftaucht und dann wieder untergeht, daß dann in Alexandria der höchste Stand des Sirius bei ist (was sehr ungenau ist, es sind nur ). |
Der war zwischen 1271 und 1295 unterwegs und ist tatsächlich
an der Mündung des Jangtse in Ostchina gewesen, und er berichtet von
den Inseln Japans (bei ihm 'Cipangu'), die noch weiter im Osten liegen.
Offensichtlich hat sich M. Polo bei den Entfernungsschätzungen
(der geographischen Länge) zu 'seinen Gunsten' nach oben verschätzt,
oder seine Leser taten dies.
Der Nürnberger Martin Behaim nahm 1487/88 an einer Entdeckungsreise des Portugiesen Bartolomeu Diaz teil, welche von Lissabon bis zum Kap der guten Hoffnung kam. |
Next:Über die Messung der geographischen Länge Up:Ringvorlesung ,,Geschichte der Mathematik'' Previous:Geometrie der Ideen
18.1.1999